Literarischer Nerd: Gianna Molinari – Hier ist noch alles möglich

Florian Valerius, der @literarischernerd, hat sein erste Longlist-Buch gelesen und kommt zu einem durchwachsenen Urteil:

„Mein erstes Buch der Longlist des Deutschen Buchpreises, Hier ist noch alles möglich von Gianna Molinari, lässt mich vollkommen ratlos zurück. Ratlos, weil ich immer noch überlege, was dieser Roman mir überhaupt erzählen wollte und noch schlimmer, weil ich mich frage, was dieses Buch auf dieser Liste zu suchen hat.

Fangen wir aber vorne an: Ich wollte explizit dieses Buch rezensieren – auch ohne Buchpreis.Nominierung hätte ich es gelesen – klingt es schließlich sehr spannend: Eine junge Frau kappt alle Verbindungen und heuert als Nachtwächterin in einer Fabrik an, die bald geschlossen werden soll. Auf dem Gelände wird ein Wolf gesichtet und die Suche/Jagd nach ihm wird zur Obsession für die Frau (laut Klappentext „…zu einer Suche nach sich selbst und zur Frage nach den Grenzen, die wir ziehen, um das zu schützen, woran wir glauben“). Nun gut – vielleicht hat die Person, die den Klappentext schrieb, ein anderes Buch gelesen – oder ist einfach sensibler und intelligenter als ich.

Im ersten Kapitel folgte ich Molinaris spröden Ausführungen und Worten noch gerne, hier habe ich mir auch motiviert einige Passagen markiert: Lexikoneinträge, Zeichnungen, Fotografien, typografische Spielereien, inhaltliche Stellen, die um Grenzen, Erinnerungen, Veränderungen und Verschwinden kreisen. Mich beschlich aber schon hier der Gedanke: Dieser Titel wird definitiv nicht auf der Shortlist landen. Spätestens ab dem zweiten Kapitel begann mich der Stil, die Geschichte und vor allem die Redundanz arg zu nerven. Die Geschichte, die ein kafkaesker Alptraum hätte sein können, verliert sich und zerfasert – jedoch nicht im positiven Sinne.

Molinari schafft es an keiner Stelle, Interesse für ihre Figur, die Frau, den tieferen Sinn/Antrieb ihrer Handlungen oder den weiteren Verlauf der Geschehnisse zu wecken. Das Buch ist nicht zugänglich, kalt, ohne Empathie – und vollkommen prätentiös. Prätentiös, weil mir vieles zu gewollt (konstruiert) daherkommt. Wäre wenigstens die Sprache interessant oder gar außergewöhnlich – aber leider empfinde ich sie als zu schlicht. Sehr schade.“