Abschlussrunde für unsere Blogger*innen – auch diese Fünf werden den Deutschen Buchpreis 2021 begleiten!
Chidera Nitsche – Eine Schwarze liest Bücher

Auf meinem Blog @eine.schwarze.liest.buecher diskutiere ich deutschsprachige Literatur aus der Perspektive einer Schwarzen deutschen Frau. Ich bin mit zwei Identitäten aufgewachsen, wurde und werde aber aufgrund meines Äußeren stetig nur auf die eine reduziert, namentlich die Schwarze. Dieser Umstand hat oftmals zu schmerzhaften Erfahrungen geführt, wodurch ich Literatur teilweise ganz anders konsumiere und verarbeite als Menschen, die der weißen Mehrheitsgesellschaft angehören. Bei der Wahl meiner Bücher achte ich daher sehr auf Diversität, um die Sichtbarkeit von Schwarzen Autor*innen zu fördern und meine Leser*innen dafür zu sensibilisieren.
Ein besonderes Buch
Es ist ein Buch, welches viele Fragmente meiner persönlichen Geschichte, die zuvor lose und unzusammenhängend in mir ruhten, endlich zusammenführte. Als eine in Nigeria geborene Igbo hat „Alles zerfällt“ von dem nigerianischen Schriftsteller Chinua Achebe eine besondere Bedeutung für mich. In diesem Roman beschreibt er das präkoloniale Leben der Igbos im Südosten Nigerias, das durch das Eindringen christlicher Missionare um 1890 in sich zusammenbricht. Durch die in seinem hinreißenden Schreibstil zum Ausdruck kommende Liebe zum Detail konnte ich einen umfassenden Eindruck davon gewinnen, wie damalig gesellschaftliche Strukturen aufgebaut waren und welche Bräuche und Riten es fernab vom bis heute vorherrschenden christlichen Glauben gegeben hat. Mit „Alles zerfällt“ erzählt Achebe nicht nur die Geschichte meiner Vorfahren, vielmehr die Geschichte eines ganzen Kontinents, bevor er zu einem furchtbar unwürdigem Narrativ in sich zusammenfiel.
Fabian Thomas – The Daily Frown – Das Magazin für Musik Literatur Alltag
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© Mila_Walasek
Meinen Blog The Daily Frown gibt es seit 2004. Ich schreibe über Musik, Literatur und Alltag, wobei in letzter Zeit Buchrezensionen klar in den Vordergrund gerückt sind. Bevorzugt rezensiere ich Bücher aus unabhängigen Verlagen, gerne auch Lyrik – und versuche dabei immer ein wenig, den Fokus auf Titel zu legen, die sonst nicht so breit besprochen werden. Am Bloggen mag ich am meisten, dass man schnell auf aktuelle Situationen reagieren kann: So habe ich 2013 über den Großbrand in der Verlagsauslieferung LKG berichtet und betroffene Verlage aufgelistet, die Unterstützung benötigten. Als Jörg Albrecht 2014 unter abenteuerlichen Bedingungen in Abu Dhabi verhaftet wurde, habe ich den Fall in einem ständig aktualisierten Beitrag dokumentiert. Und zuletzt habe ich in meiner Rezension zu Valzhyna Morts Gedichtband „Musik für Tote und Auferstandene“ Tweets der Autorin über die Proteste in Belarus zitiert. Manchmal gibt es in meinem Blog auch Gastbeiträge, zum Beispiel von Benjamin Quaderer über Mara Genschels Buch „Cute Gedanken“. Und ganz selten Interviews.
Ein besonderes Buch
Ein Buch, das definitiv mein Leben verändert hat, ist „kochanie, ich habe brot gekauft“ von Uljana Wolf, weil es für mich in mehrerlei Hinsicht ein Beginn war: Es war eine meiner ersten Begegnungen mit einem Buch aus einem unabhängigen Verlag, nämlich dem wunderbaren Verlag Kookbooks, und es gab mir einen ersten Anstoß, mich ernsthafter mit deutschsprachiger Gegenwartslyrik zu beschäftigen. Von Uljana Wolfs neu erschienenem, sehr empfehlenswerten Essayband „Etymologischer Gossip“ handelt nun auch ein aktueller Beitrag auf The Daily Frown.
Mareike Dietzel – Nordseiten

Seit 2013 blogge ich auf meinem Blog nord-seiten.de und auf Instagram über Gegenwartsliteratur, wiederentdeckte Klassiker und vielfältige Kinderbücher. Literatur begleitet mich schon mein Leben lang, sodass ich schließlich auch Literaturwissenschaften studierte und in einem Traditionsverlag meine ersten Schritte in die Berufswelt wagte. Heute bietet mir das Lesen und der digitale Austausch über das Gelesene einen Ausgleich zu meinem anspruchsvollen Job in ein einem Medienunternehmen. In den letzten Jahren rückte für mich in der Lektüreauswahl immer mehr der Diversitätsfaktor in den Vordergrund. Relativ selten landen heute noch Bücher von mitteleuropäischen älteren Herren auf meinem Nachttisch. Jedes Buch bringt mir neue Perspektiven, neue Facetten der Lebensbetrachtung. Und das Schönste ist, wenn man sich nach einer solch erhellenden Lektüre mit anderen darüber austauschen kann.
Ein besonderes Buch
Hier gibt es viele Bücher, die man nennen könnte. Doch habe ich erst vor wenigen Tagen ein ganz besonderes Buch beendet: Evie Wyld „Die Frauen“ ist eine beeindruckende, moderne Gothic Novel über einen rauen Landstrich in Schottland. In einer kunstvoll verwobenen Mehrgenerationenerzählung zeigt die Autorin die grausamen Facetten von internalisiertem Frauenhass. Schonungslos und nachhallend.
Victoria Braunschweig – Lesestress

Hi, ich bin Victoria Braunschweig – Vicky (!) – und arbeite seit über zehn Jahren als selbstständige Grafikerin in Dresden. Ich habe schon immer viel gelesen und mir meistens die Bücher ausgesucht, die mich optisch angesprochen haben (Berufskrankheit). Als ich vor zwei Jahren das Format des Literatur-Podcasts für mich entdecken konnte, wurde meine Auswahl jedoch systematischer und ich habe mir endlich neue Autor*innen und Titel erschließen können. Mit dem Wunsch zum gegenseitigen Austausch über Bücher im Allgemeinen kam dann auch #Bookstagram in mein Leben – und seither habe ich buchstäblich Lesestress.
Ein besonderes Buch
Das eine Buch, das mir eine neue Welt erschlossen hat, gibt es so nicht. Stattdessen waren es immer verschiedene Bücher in verschiedenen Lebensphasen. Als Kind war ich zum Beispiel absolut fasziniert von „Moby Dick“ und „Oliver Twist“. Als Jugendliche habe ich dann fantastische Ausflüge in die Tintenwelt unternommen, mich in „Sofies Welt“ verloren und das Geheimnis um Dorian Gray ergründet. Heute begeistern mich vor allem Leben(sgeschichten) und Schicksale, die fernab meiner weißen und heteronormativen Privilegien liegen: angefangen in der Belletristik bei Han Kangs „Menschenwerk“ über „Adas Raum“ von Sharon Dodua Otoo und Karen Köhlers „Miroloi“ bis hin zu „Sprache und Sein“, dem Sachbuch von Kübra Gümüşay.
Ramona Kottusch – Marvellous Books

Ich blogge unter marvellous.books seit gut drei Jahren auf Instagram hauptsächlich über Gegenwartsliteratur. Lesen war mir schon immer mein liebstes Hobby – ein Hobby, das ich, anders als die meisten meiner Mitblogger*innen, auch nie zu meinem Hauptbroterwerb gemacht habe, das mir jedoch im Alltag den notwendigen Ausgleich bietet. Ich liebe den Austausch und die Gespräche in der Community, die Kreativität und das Reflektieren der Lektüre. Ganz besonders gern lese ich Bücher, die mich überraschen, mir neue Perspektiven offenbaren und in mir den Impuls zum Mit- und Weiterdenken wecken.
Ein besonderes Buch
Es gibt so viele Herzensbücher, die mich in ganz besonderen Momenten im Leben begleitet haben oder in mir nachhaltig eine Veränderung bewirkt haben. In den letzten Monaten besonders hervorgestochen sind „Betrachtungen einer Barbarin“ von Asal Dardan, „Der Brand“ von Daniela Krien und „Was wir sind“ von Anna Hope. Dardan ruft extrem wichtige Themen auf und gibt gute Denkanstöße und Einblicke in ihre Vergangenheit, Krien hat mich aus einer der schwersten Leseflauten der letzten Jahre gerettet und wie auch mit ihren vorherigen Bücher komplett überzeugen können, und Hope hat bei mir einen besonderen Nerv, ganz nah am Herzen, getroffen.