© Uwe Steffens

Offizielle Lesekreise: Mausbuch Bremerhaven

Den letzten im Bunde der offiziellen Lesekreise für den Buchpreis 2018 lassen wir selbst zu Worte kommen: den Lesekreis der Buchhandlung Mausbuch in Bremerhaven. Inhaberin Nicole Steffens rief ihn im Jahr 2011 ins Leben; inzwischen hat er 22 Mitglieder und trifft sich achtmal im Jahr, um Lieblingsbücher wie Novitäten zu diskutieren. In der Sendung „buten und binnen“ von Radio Bremen wurde ein schönes Porträt ausgestrahlt – und einen eigenen Literaturpreis rief der Lesekreis Mausbuch ebenfalls ins Leben! Und das sagt Nicole Steffens stellvertretend für die Mitglieder:

Als einer der glücklichen Lesekreise, die zum Buchpreis 2018 gewählt wurden, machte sich der Leseclub der Buchhandlung Mausbuch mit Feuereifer an die Arbeit und stellte aus den nominierten Titeln eine eigene Shortlist zusammen – bei der es mit der offiziellen zu großem Erstaunen nur eine Übereinstimmung gab.

Sechs Titel hatte der Lesekreis zur eigenen Shortlist gekürt, von denen Franziskas Hausers „Gewitterschwimmerin“ als Favorit galt. Weitere Titel waren Arno Geigers „Unter der Drachenwand“, Nino Haratischwilis „Die Katze und der General“, Gert Loschütz‘ „Ein schönes Paar“, Angelika Klüssendorfs „Jahre später“ sowie Adolf Muschgs „Heimkehr nach Fukushima“.

Fünf Monate lang lasen sich die Mitglieder durch die sechs Titel und trafen sich mehrmals, um ihre Eindrücke zu besprechen. Es war interessant zu beobachten, wie die ersten Erwartungen an ein Buch durch das Lesen verändert wurden. War die „Gewitterschwimmerin“ zuerst die absolute Favoritin des Lesekreises, so polarisierte sie die Meinungen nach der Lektüre gewaltig. Der Kunstgriff, die Erzählstränge zeitlich gegeneinander fließen zu lassen, fanden alle Leser*innen spannend. Einigen war allerdings die Sprache zu derb, obwohl der Situation angemessen. Das Thema Kindesmissbrauch, das sich als roter Faden durch das ganze Buch zieht, schreckte ebenfalls ab.

Nino Haratischwilis „Die Katze und der General“ wurde von vielen Mitgliedern trotz des Umfangs bevorzugt und zügig gelesen, während der Lektüre aber oft als zu langatmig empfunden. Das Thema war aber wichtig und der Erzählstil eingängig; es fand auch durchaus seine Fans unter den Mitgliedern. Auch für Adolf Muschgs Roman „Heimkehr nach Fukushima“ begeisterten sich mehrere Mitglieder. Wer eine Verbindung emotionaler Art nach Japan hatte, konnte mit der vielschichtigen Erzählung Adolf Muschgs mehr anfangen als die anderen Damen. Nur die Adalbert-Stifter-Zitate fanden nicht immer Anklang. Gert Loschütz‘ „Ein schönes Paar“, ein Paradebeispiel für nicht stattfindende Kommunikation in der Ehe, wurde als lesenswert empfunden. Angelika Klüssendorfs lakonischer Stil hingegen sagte nicht jedem zu.

Überzeugt hat Arno Geigers Roman „Unter der Drachenwand“. Dieses Buch gewann bei der abschließenden Abstimmung des Lesekreises Ende Januar mit Vorsprung. Ein etwas anderes Buch über den Zweiten Weltkrieg, urteilten die Mitglieder, eine andere Erzählperspektive mit nachvollziehbaren Handlungen und stimmigen Figuren. Somit ist Arno Geiger Preisträger des ersten „Leher Literaturpreises“, verliehen vom Lesekreis der Buchhandlung Mausbuch. Der Autor wird in Kürze über seinen Gewinn informiert und nach Bremerhaven eingeladen. Der Lesekreis würde sich sehr freuen, wenn der Autor nach der Reise nach Bremen erneut den Weg in den Norden antreten würde.

Abschließend ist nur noch zu sagen, dass der Lesekreis die Erfahrung begeistert und als überaus positiv beurteilt hat. Einen Pool von Büchern zu lesen im eigenen Tempo, nach eigenen Vorlieben und sich über Monate hinweg damit zu beschäftigen, war für alle eine neue und bereichernde Erfahrung. Der Lesekreis dankt dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels sowie den Verlagen Frankfurter Verlagsanstalt, Eichborn, Hanser, Kiepenheuer und Witsch, C.H.Beck und Schöffling sehr für die Organisation und großzügige Unterstützung des Projektes. Es hat allen Teilnehmer*innen außerordentlich viel Spaß gemacht!