© Karl Jüngerhans

VHS Literaturtreff Haren: viel Gesprächsstoff und etwas Kritik

Schön: Auch der Literaturtreff Haren wurde mit einem Artikel gewürdigt – die Neue Osnabrücker Zeitung (hinter einer Paywall) besuchte den Lesekreis in der Giraffenbuchhandlung. Das Besondere an diesem Leseclub: Die Teilnehmer*innen haben eine Altersspanne von fast 50 Jahren! Diskussionen sind entsprechend vorprogrammiert.

Gelesen wurden „Der Sommer meiner Mutter“ von Ulrich Woelk und „Mobbing Dick“ vom Tom Zürcher. Beide Romane sorgten für Gesprächsstoff, gefielen aber.

Die Meinung des Literaturkreises zu Ulrich Woelk:

Ulrich Woelk erzählt aus der Sicht des pubertierenden Tobias eine wunderbare Milieustudie über die Verhältnisse in einem Kölner Vorort der sechziger Jahre. Sein Vater ein klassischer Ingenieur, seine Mutter die typische Hausfrau, wächst er in einem typischen Zuhause auf. Als nebenan neue Nachbarn einziehen, sind nicht nur für Tobias der volvofahrende Uniprofessor, die berufstätige selbstständige Frau und die frühreife Tochter Rosa eine ganz neue Welt, auch seine Mutter fängt plötzlich an, sich ganz neue Gedanken zu machen. Rund um die Mondlandung entspinnt sich eine verquere Beziehungsgeschichte, die man nicht erwartet, wirklich nicht. Wir waren uns einig, dass Ulrich Woelk den Roman clever mit der dramatischen Enthüllung des Selbstmordes der Mutter beginnt. So ist man gespannt darauf, wie es dazu kommen kann. Die Berichte über die vielen Treffen und Zusammenkünfte verschiedenster Gruppierungen rund um die Mondlandung erinnerten uns ans Public Viewing beim Fußball.

Die Meinung des Literaturkreises zu Tom Zürcher:

Der Schweizer Tom Zürcher erzählt die Geschichte von Dick Meier, der sich aus dem quälenden Jurastudium und der Enge bei seinen Eltern befreit und in einer hochwichtigen Schweizer Bank anfängt zu arbeiten. Diese herrliche Parodie auf das Bankgeheimnis und all die wichtigen Bankmenschen macht großen Spaß. Dicks neues Wohnviertel ist ein Rotlichtmilieu, die Willkür auf der Arbeit setzt ihm zu, er tauscht mit seinem Chef die Rollen, der Druck wird unerträglich für Dick, alles läuft aus dem Ruder. Schwierig wurde der lang hingezogene sehr brutale Entführungsfall…und das Ende kam für uns zu platt daher.

Neben den Gesprächen über die beiden nominierten Romane interessierte sich der Literaturtreff auch dafür, wie die Auswahl für den Deutschen Buchpreis zustande kommt. Wie funktioniert die Arbeit einer Jury, welche Kriterien fließen in die Zusammenstellung der Listen und die Wahl des oder der Preisträger*in ein – Fragen, über die der Lesekreis viel diskutierte. Im Rückblick wären die Teilnehmer*innen gerne noch stärker in die Abläufe rund um den Buchpreis eingebunden gewesen. Besonders zur Shortlist hätten sie gerne mehr gelesen und veranstaltet, fanden allerdings nicht genug Zeit dafür. Die Presseberichterstattung war zu Beginn, als die Lesekreise verkündet wurden, am größten.

Vielen Dank an den Literaturtreff Haren für die Diskussionen und das Feedback!