
© Christina Weiß
Katja Gasser ist Teil der Jury des Deutschen Buchpreises 2017 und hat das Amt der Jurysprecherin übernommen. Sie ist die Leiterin des Literaturressorts im ORF-TV.
Im Telefon-Interview hat sie uns drei Fragen zu ihren Erwartungen an die Juryarbeit und an gute Literatur beantwortet.
Worauf freuen Sie sich am meisten in Ihrer Tätigkeit als Jurorin für den Deutschen Buchpreis 2017?
Gasser: „Ich freue mich dabei vor allem auf das intensive Lesen, auf die Begegnung mit anderen Menschen, die literaturkritisch arbeiten, auf einen interessanten Austausch über Texte, die unsere Gegenwart verhandeln oder sich von dieser abwenden. Auf intensives Arbeiten.“
Wann lesen Sie am liebsten?
Gasser: „Ich lese am liebsten, wenn es total still ist und das ist in meinem Leben meistens am Abend oder am späteren Abend der Fall, wenn die Familie schläft und ich das Leben für mich alleine habe.“
Was sind aktuelle Trendthemen? Womit kann man die Leser derzeit besonders gut erreichen?
Gasser: „Die Frage nach den aktuellen Trendthemen ist immer schwer zu beantworten, aber etwas, was auffällt, ist, dass sehr viele Männerfiguren in Krisensituationen die Gegenwartsliteratur bevölkern. Das lässt auch Rückschlüsse auf unsere Zeitverfasstheit zu, möglicherweise viele Figuren, die ihr übliches Leben oder ihr regelmäßiges Leben verlassen und etwas Anderes wagen. Das ist auch etwas das auffallend ist, bezogen auf die Gegenwartsproduktion. Und es gibt sehr viele dystopische Entwürfe und ich hoffe, dass es in diesem Zusammenhang doch nicht stimmt, dass Literatur so etwas wie Antizipation von Zukunft ist, weil ich mir nicht wünschen würde, dass ein paar der in letzter Zeit gelesenen, dystopischen Entwürfe in der Tat auf uns zukommen. Und darüber hinaus ist für mich Literatur hauptsächlich so etwas wie Arbeit an der Würde des Menschen, oder ein Rückerstattungsversuch von Würde, und ich finde diese Versuche in der Gegenwartsliteratur sehr häufig. Mich überzeugen immer Texte – und ich gehe immer davon aus, was mich überzeugt, überzeugt vielleicht auch andere – wenn Autoren ernsthaft an etwas arbeiten, und diese Ernsthaftigkeit zeigt sich hauptsächlich an der sprachlichen Genauigkeit. Ohne sprachliche Arbeit geht nichts. Da geht auch kein Widerstand, und für mich ist auch Widerstand so ein Wesenszug von Kunst überhaupt. Jemand, der besonders einverstanden ist mit der Welt, wird nicht Künstler oder wird eben nicht Literat. Das sind zumeist Menschen, die ein grundlegendes Nicht- Einverständnis mit der Welt in sich tragen und dieses Nicht-Einverständnis dann auf sehr unterschiedliche Arten und Weisen zu Papier oder auf die Leinwand bringen.“