Buchpreisbloggen: Sasha Marianna Salzmann – Im Menschen muss alles herrlich sein (@magdarine)

Auf einen neuen Roman von Sasha Marianna Salzmann habe ich mich gefreut, seit ich 2017 begeistert das Debüt „Außer sich“ gelesen habe. Umso froher war ich, als mir „Im Menschen muss alles herrlich sein“ als mein Patenbuch beim diesjährigen #buchpreisbloggen zugelost wurde.

Jetzt habe ich den Roman fertiggelesen und finde, dass er völlig zu Recht auf der Longlist des diesjährigen deutschen Buchpreises steht. Er erzählt aus mehreren Perspektiven die Geschichte zweier befreundeter Frauen aus der Ukraine, die in den 90er Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion jeweils nach Deutschland ausgewandert sind, und ihren beiden dort aufgewachsenen Töchtern. Dabei geht es v. a. um das Gefühl der Ohnmacht in Zeiten des politischen Umbruchs, um Generationenkonflikte und die Sprachlosigkeit angesichts traumatischer Erfahrungen, und nicht zuletzt um die daraus resultierende Entfremdung zwischen Müttern und Töchtern.

Am interessantesten fand ich dabei die erste Hälfte des Romans, in der wir der älteren dieser Frauen, Lena, drei Jahrzehnte lang durch ihr Leben in der Ukraine folgen: Wir lesen von ihrem Aufwachsen in Gorlowka, von den bei der Großmutter verbrachten Sommern in Sotschi am Schwarzen Meer, die später durch jährliche Aufenthalte im Pionierlager Kleiner Adler ersetzt werden, von der langwierigen schweren Krankheit der Mutter, die den Ausschlag für Lenas Entscheidung zu einem Medizinstudium gibt, von ihrer Arbeit als Ärztin in Dnepropetrowsk, die darin besteht, reichen Geschäftsmännern Salben gegen Syphilis zu verschreiben, von ihrer heimlichen Affäre mit einem Tschetschenen, ihrer daraus resultierenden Schwangerschaft und der darauf folgenden Eheschließung mit dem jüdischen Ingenieur Daniel, von der Geburt ihrer Tochter Edi und schließlich von der Entscheidung der jungen Familie, das Chaos und die Korruption der zerfallenden Sowjetunion hinter sich zu lassen und ihr Glück in Deutschland zu versuchen.

Im zweiten Teil des Buches lernen wir Lenas inzwischen erwachsene Tochter Edi kennen, die im Jahr 2017 in Berlin lebt, dort ein journalistisches Volontariat bei einer Zeitung macht, sich in eine Türsteherin verliebt hat und die Eltern in Jena nur selten besucht. Zu Lenas 50. Geburtstag soll Edi allerdings deren beste Freundin Tatjana, die ebenfalls in Berlin lebt, mit dem Auto zur Feier nach Jena bringen und auf der Fahrt erzählt Tatjana ihre eigene Lebensgeschichte und wie sie damals nach Deutschland gekommen ist. Zwischendrin lesen wir immer wieder kurze Kapitel aus der Perspektive von Nina, Tatjanas Tochter, die sich vor längerer Zeit mit ihrer Mutter zerstritten hat und bisher allen Vermittlungsversuchen ihrer Bekannten trotzig standhält. Wenig überraschend führt die Geburtstagsfeier in der Jenaer Hochhaussiedlung, in der beide Familien früher gelebt haben, die vier Frauen am Ende des Romans dennoch noch einmal zusammen.

Lenas ausführliche Lebensgeschichte nimmt im Roman am meisten Raum ein, daneben sind mir die Perspektiven der drei anderen Hauptfiguren Tatjana, Nina und Edi fast ein wenig zu kurz gekommen. Die Geschichte von der Sprachlosigkeit und den schwelenden Konflikten zwischen Müttern und Töchtern ist dennoch mit viel Empathie für alle Beteiligten beschrieben; vor allem die Dialoge sind meiner Meinung nach dabei Salzmanns große Stärke.

Insgesamt fand ich den Roman ziemlich überzeugend und sogar noch einen Tick besser als den Vorgänger, ich würde ihm daher wünschen, dass er auch auf der Shortlist des #dbp21 landet.

Den Originalbeitrag findet ihr im Twitter-Account von Magda Birkmann.

Magda Birkmann im Gespräch mit Simon Sahner (54books) über „Im Menschen muss alles herrlich sein“ (ab Minute 17)

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