#buchpreisbloggen: Frank Menden über „1000 Serpentinen Angst“ von Olivia Wenzel

Ein guter Buchpreis-Kandidat: Buchhändler und Bookstagrammer Frank Menden rezensiert sein Patenbuch „1000 Serpentinen Angst“ von Olivia Wenzel.

„Sie fühlen sich zerrissen zwischen den Kulturen.“ Dies sagt ein Therapeut zu der jungen schwarzen queeren Frau aus Ostdeutschland, der Protagonistin in Olivia Wenzels Roman „1000 Serpentinen Angst“. Doch es ist nicht nur diese Zerrissenheit, die ihre Protagonistin umtreibt, da sind auch ihre Angststörungen, das komplizierte Verhältnis zur Mutter, die als Punkerin in der DDR im Visier der Stasi war, und zur Großmutter, einer linientreuen Frau, die aus ihrer vermeintlichen Redlichkeit ihren Anspruch auf die richtige Sichtweise auf das Leben ableitet.

Dazu ist die junge Frau auch die Überlebende eines Zwillingpaares, der Bruder nahm sich mit 19 das Leben. Viel Stoff für einen Roman, viele brennend aktuelle Themen werden hier verhandelt. Man könnte leichtfertig meinen, dass es der Roman nur deswegen auf die Longlistgeschafft hat. Damit würde man allerdings die große literarische Qualität dieser Autofiktion negieren, die eine ganz eigene Form für ihre Geschichte(n) findet. Der erste und dritte Teil des Romans aufgebaut ist wie ein Interview, in dem sich die Protagonistin fordernden Fragen – und somit den unterschiedlichsten Situationen ihres Lebens – stellen muss. Im Mittelteil löst das Betrachten verschiedener Bilder Reflexionen über die Vergangenheit ihrer Eltern und Großeltern aus.

Was sich auf den ersten Blick furchtbar verkopft und kompliziert anhört, funktioniert bei der Lektüre erstaunlich gut. Trotz der Schwere der Themen und der reflektierten Auseinandersetzung mit ihnen, hat das Buch auch eine Leichtigkeit und Humor, vermittelt Lebensfreude wie auch Ängste der jungen Frau.

Am Ende der 349 Seiten war ich zugegeben leicht genervt von den ewigen Fragen, der immer wiederkehrende Snackautomat als Symbol war mir zu redundant und offensichtlich. Aber trotz dieser Kritikpunkte ist dieser komplexe Roman einer DER Romane in diesem Jahr – und somit ist „mein“ Patenbuch auch ein guter Kandidat für den Hauptpreis!

Den Originalbeitrag findet ihr im Instagram-Kanal von Frank Menden.